Radioaktives Gas im Keller? Eine Lüftungsanlage schützt vor Radon
Dringt Radon in die Raumluft, schädigt es auf Dauer die Lunge. Der Baubiologe Arnaud Muhlke vom SHI erklärt, wie man dieses Risiko minimiert und das Gas systematisch aus dem Haus verbannt.
Wenn in der Erdkruste Uran zerfällt, entsteht Radon. Wie kann dieses radioaktive Edelgas in unsere Innenluft gelangen?
Arnaud Muhlke: Aus dem Gestein steigt Radon an die Erdoberfläche und „verdünnisiert“ sich in der Außenluft, wo es keinen Schaden anrichtet. Durch Fugen und Risse in Kellerböden und -wänden kann das Gas aber auch direkt aus dem Boden ins Gebäude gelangen. Das passiert vor allem in Regionen mit erhöhtem Radon-Vorkommen im Erdreich und besonders da, wo es im Keller einen Natur- statt Betonboden gibt und die Kellerwände gemauert sind. Wie hoch das Risiko in der eigenen Umgebung ist, sieht man hier.
Die Gefahr kommt also aus dem Erdreich und lauert im unteren Teil des Hauses?
Arnaud Muhlke: Genau. Für jemanden, der nur kurz etwas aus dem Keller holt, ist ein erhöhter Radon-Gehalt kein Problem. Gefährlich wird es, wenn Bewohner sich täglich im Keller oder Souterrain aufhalten und austoben, weil dort unten ein Home Office, Kinderzimmer oder Fitnessraum eingerichtet wurde.
Woran erkennt man, dass Radon in der Luft liegt?
Arnaud Muhlke: Radon kann man nicht sehen, nicht riechen, nicht schmecken – das macht es noch gefährlicher! Nachweisen lässt sich das radioaktive Edelgas nur durch eine Messung. Gemessen wird in Becquerel je Kubikmeter Raumluft (Bq/m³). Der Referenzwert für Deutschland liegt bei 300 Bq/m³. Baubiologische Sachverständige empfehlen jedoch einen maximalen Referenzwert von 100 Bq/m³. Leider liegt für eine Radonkonzentration kein Schwellenwert vor, unterhalb dessen Radon gesundheitlich ungefährlich wäre. Eine orientierende Radon-Messung können Sie hier direkt anfordern.
Welche Folgen kann es haben, wenn das Gas sich in der Raumluft konzentriert?
Arnaud Muhlke: Radon gelangt beim Atmen in die Lunge. Seine kurzlebigen radioaktiven Zerfallsprodukte zerfallen im Atemtrakt; dabei entsteht radioaktive Alphastrahlung, die die strahlenempfindlichen Lungenzellen angreift. Die Folge: Mit der Radon-Konzentration steigt auch das Risiko, langfristig an Lungenkrebs zu erkranken. Gemäß BFS (Bundesamt für Strahlenschutz) sterben ca. 1.900 Menschen jährlich an Lungenkrebs durch eine Radonbelastung der Innenraumluft.
Angenommen, in meinem Keller wurde ein hoher Radon-Gehalt gemessen. Was sollte ich sofort tun?
Arnaud Muhlke: Es besteht kein Grund zur Panik. Radon entfaltet seine gefährliche Wirkung im Lauf von Jahren. Am einfachsten schützt man sich gegen dieses Gas durch tägliches Lüften – gerade in den Kellerräumen ist das wichtig –, denn durch Frischluft verdünnt sich das Radon in der Innenluft. Aber mal ehrlich: Wer schafft es schon, sein Haus alle zwei Stunden zu lüften.
Und wie kann man Radon nachhaltig vertreiben?
Arnaud Muhlke: Durch Abdichten des Kellers und/oder den Einbau einer Lüftungsanlage. Für Neubauten empfiehlt sich eine zentrale Lüftung , in bestehenden Gebäuden kommt auch eine dezentrale Lüftung in Frage.
Worauf gilt es zu achten beim Betrieb einer Lüftungsanlage, die das radioaktive Gas an die (Außen-)Luft setzen soll?
Arnaud Muhlke: Man muss vermeiden, dass die Anlage einen Unterdruck im Haus erzeugt, denn durch eine Sogwirkung könnte noch mehr Radon eindringen. Dagegen verhindert ein minimaler Überdruck das Eintreten des Gases. Eine vordefinierte Luftwechselrate kann nur stattfinden, wenn die Lüftungsanlage korrekt eingestellt wurde. Bei nachgewiesen erhöhten Radonwerten muss man die Luftwechselrate anpassen, der Luftaustausch also häufiger stattfinden.
Die wichtigsten Maßnahmen auf einen Blick:
Im Altbau vornehmen:
1. Lüftungssystem installieren und regelmäßig warten lassen
2. potentielle Radon-Eintrittsstellen mit radondichtem Material abdichten:
- Risse und Fugen in der Bodenplatte und den Wänden des Kellers
- Durchführungen für Strom-, Gas-, Wasserleitungen und Datenkabel
- Spalten z.B. entlang von Bodensiphons im Keller
3. dichte Türen zwischen Keller- und Wohnbereich und dichte Türen zwischen Keller- und Wohnbereich
Für Neubauten einplanen:
1. Zentrales Lüftungssystem, das nach dem Einbau regelmäßig gewartet wird
2. Ausführung des Kellers und erdberührter Gebäudeteile als Weiße Wanne (aus Beton)
3. Radondichte Bauwerksabdichtung (Plane und Folie zwischen Mauerwerk und berührendem Erdreich)
4. gasdichte Manschetten für Durchführungen für Strom-, Gas-, Wasserleitungen und Datenkabel
5. abgeschlossenes Treppenhaus