Achtung Greenwashing! Das kreislauffähige Gebäude gibt es (noch) nicht
Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Insbesondere in der Bauwirtschaft spielen grüne, nachhaltige Argumente eine große Rolle im Kampf um Investorengelder und öffentliche Aufmerksamkeit. Kein Wunder: Denn ein Großteil der globalen Treibhausgasemissionen und des weltweiten Abfallaufkommens verursacht die Bauindustrie. Aktuell im Fokus: Sogenannte zirkuläre Gebäude, deren Bestandteile sich am Ende der Nutzungsphase wieder in technische oder ökologische Kreisläufe integrieren lässt, sodass keine Abfälle zurückbleiben und keine „Thermische Verwertung“, sprich Verbrennung stattfindet.
Darum müssen wir darüber sprechen: Die Lüge der zirkulären Gebäude
In unserer Gesellschaft werden viele Dinge als nachhaltig oder kreislauffähig (zirkulär) bezeichnet, obwohl diese nicht deren Denkschule entsprechen (Stichwort: Greenwashing). Häufig wird sehr viel geplant und kommuniziert und verhältnismäßig wenig umgesetzt. Beispielsweise bringt der Einsatz von Cradle to Cradle (Von der Wiege bis zur Wiege) zertifizierten Produkten wenig, wenn diese nicht der Kreislauffähigkeit entsprechend zusammengefügt werden.
Beispiel:
Eine Holzplatte, die mit Schrauben (kraftschlüssig) befestigt wird, entspricht dem Cradle to Cradle Prinzip, während eine geklebte (stoffschlüssig) Holzplatte dies nicht tut.
Folgt man der Denkschule von Cradle to Cradle (C2C), müssen außerdem alle Kriterien ganzheitlich berücksichtigt werden. Wichtig ist vor allem darauf zu achten, wie die Verantwortlichen bei ihrer Kommunikation mit den Lücken der Konzepten umgehen. Diese Lücken umfassen beispielsweise die Fugen im Nassbereich. Hier ist in vielen Fällen eine Silikonfuge (stoffschlüssige, nicht lösbare Verbindung) unumgänglich. Denn für manche Anforderungen gibt es im Moment einfach kaum praktikable und bezahlbare Alternativen. Da eine vollumfängliche Kreislauffähigkeit auf der Ebene eines Gebäudes nicht umsetzbar ist, sind folglich zwangsläufig Lücken vorhanden und müssen entsprechend berücksichtigt und kommuniziert werden.
Darum geht’s: Zirkularität auf drei Ebenen
Zirkularität spielt sich in der Baubranche auf drei Ebenen ab:
Auf der ersten Ebene stehen die Produkte, die durch beispielsweise die Cradle to Cradle Zertifizierung nachweislich kreislauffähig sind. Die Kriterien hierfür sind klar definiert und anerkannt. Cradle to Cradle ist jedoch ein reines Produktzertifikat.
Im Gegensatz zur Produktebene sind die Kriterien für die zweite Ebene, die der Gebäude, bisher nicht eindeutig definiert. Ein Gebäude ist aktuell nicht zirkulär zertifizierbar. Jedoch ist es möglich, dem Gebäude eine Cradle to Cradle DNA zu geben. Grundvoraussetzung dafür ist eine umfassende Dokumentation aller verwendeten Materialien und deren Fügetechnik.
Zur dritten Ebene, der Betriebsphase, zählt unter anderem die Gebäudeinstandhaltung oder die Reinigung. Hierfür wurden bisher ebenfalls noch keine einheitlichen Kriterien festgelegt. Ob die Betriebsphase der Cradle to Cradle Denkschule folgt, ist zu großen Teilen abhängig von den verwendeten Produkten und deren Handhabung.
Was bringt die Zukunft?
Es ist unumstritten, dass ein Gebäude mit Cradle to Cradle DNA, langfristig immer wirtschaftlicher ist, als konventionell errichtete Gebäude. Dies liegt daran, dass unsere Ressourcen nun mal endlich sind und je effizienter, diese eingesetzt werden, desto wirtschaftlicher ist das Bauvorhaben auf lange Sicht. Ein Gebäude mit Cradle to Cradle DNA besitzt beispielsweise einen Projektkompass, der alle verwendeten Ressourcen inklusive Mengenangaben enthält. Allein daraus lässt sich der Wert eines Gebäudes langfristig besser abschätzen.
Grundsätzlich sinkt die Verfügbarkeit unserer Ressourcen, daher ist auch eine Kostensenkung dieser nicht in Sicht. Wenn dann am Ende der Nutzungsphase eine sortenreine Trennung der verbauten Materialien möglich ist, ist ihr Wert umso höher. Dadurch wird das Gebäude zu einem nachweislich wertvolleren Kapitalgut.
Fazit
BEI RÜCKFRAGEN HILFT IHNEN GERNE
Helmut Köttner
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